Lektion 1 Affektive Störungen

Die häufigste psychische Störung ist die Depression.

Fast jede 6. Frau ist davon betroffen (Männer 15 %).

  • Die Behandlung von Depressionen ist wirksam.
  • Unbehandelt beenden 10-15 % der Menschen mit schweren

Depressionen ihr Leben

Depressionen umfassen psychische und körperliche Symptome. Bei der Diagnose werden verschiedene Schweregrade, Verläufe und Krankheitsbilder unterschieden, die jeweils eine spezielle Behandlung erfordern. Deshalb ist eine genaue Diagnose so wichtig.

SchweregradLeichte depressive Störung
Mittelschwere depressive Störung
Schwere depressive Störung
Formen depressiver StörungenKlassische Depression / schwere Depression
Bipolare Störung/ manisch- depressive Störung
Zyklothymie
Dysthymie
Reaktive Depression

Der Schweregrad der Depression hängt von der Anzahl der verschiedenen individuellen depressiven Symptome ab, die bei den Patienten diagnostiziert werden. Ein weiterer entscheidender Faktor bei der Diagnose ist, ob der Patient noch am Alltagsleben teilnehmen kann und ob er in der Lage ist, in seinem depressiven Denken mit anderen zu interagieren.

Leichte Depression

  • Die Betroffenen leiden bereits unter den Symptomen und haben Schwierigkeiten, ihre Arbeit und ihre sozialen Aktivitäten in gewohnter Weise fortzusetzen, sind aber noch in der Lage, ihren gewohnten häuslichen, familiären und beruflichen Alltag aufrechtzuerhalten.

Mittelschwere Depression

  • Hier ist das oben genannte nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich.

Schwere Depression

  • Die Betroffenen sind völlig unfähig, ihren Tätigkeiten nachzugehen. Es besteht oft ein hohes Selbstmordrisiko. Die Betroffenen leiden stark unter den körperlichen Symptomen der Depression. Ein vermindertes Selbstwertgefühl, Antriebshemmung oder gar Antriebslosigkeit und innere Anspannung sind fast immer vorhanden.

Symptome von Depression

Depressive Symptome im medizinischen Sinne (nach ICD 10 S. 68)

  • depressive Stimmung
  • Desinteresse/Freudlosigkeit
  • Antriebsstörung, Energieverlust
  • Konzentrationsschwäche 
  • Abnahme des Selbstwertgefühls
  • Schuldgefühle
  • Hemmungen/ Ruhelosigkeit
  • Selbstbeschädigung
  • Schlafstörung
  • Appetitminderung
  • somatische Syndrome
  • Mangel an emotionaler Beteiligung
  • frühes Aufwachen, morgendliches Tief
  • psychomotorische Hemmung oder Unruhe
  • Gewichtsabnahme
  • Verlust der Libido

Anhand der Diagnosekriterien werden depressive Episoden dann diagnostiziert, wenn die betroffene Person die anhaltenden Symptome über mindestens 2 Wochen beschreibt.

  • Leichte Depression: Patienten müssen 2/3 Hauptsymptomen und 2 zusätzliche Symptome angeben
  • Eine Mittelschwere Depression ist diagnostiziert, wenn 2/3 Hauptsymptomen + 4 weitere Symptome vorliegen
  • Bei einer schweren Depression liegen 3/3 Hauptsymptomen + 3 zusätzliche Symptome vor

1. Depressives Erleben

  • „Ich kann nichts, ich bin nichts.“
  • „Ich kann nicht atmen, ich habe Angst!“
  • „Nichts kann mich glücklich machen.“
  • „Ich fühle nichts (als Leere).“
  • „Jede Bewegung ist so anstrengend.“

3. Depressives Denken

  • „Es ist meine Schuld, Ich bin wertlos, ich verliere alles, was ich habe.“
  • „Ich bin dumm“
  • „Ich kann mich nicht entscheiden“
  • „Alles ist ohne Bedeutung, warum sterbe ich nicht einfach?“

3. Körperliche Symptome

  • „Ich kann nichts mehr essen.“
  • „Wenn ich doch nur schlafen könnte.“
  • „Ich kann nicht mehr.“

Wenn Sie sich in diesen Aussagen wiederfinden zögern Sie nicht professionelle Hilfe aufzusuchen. Unbehandelte Depression kann zu Selbstmord führen! Siehe hierzu auch Kapitel 5, Lektion 4:Risikoeinschätzung

Ein weiteres Suchkriterium für die Klassifizierung von depressiven Störungen ist ihr bisheriger und (wahrscheinlicher) zukünftiger Verlauf.

Es wird unterschieden zwischen:

  • einmalige Episoden depressiver Störungen
  • wiederkehrenden Episoden von Depressionen
  • depressiven Zuständen, die auch über längere Zeiträume der Lebensgeschichte in unterschiedlicher Intensität vorhanden sein können und die sich mit der Persönlichkeit des Betroffenen geradezu verwoben haben
Schwere DepressionKlassische Form der schweren Depression. Von einer schweren Depression spricht man, wenn die depressiven Symptome über einen längeren Zeitraum (mindestens 2 Wochen) andauern. Oft sind die Patienten nicht mehr in der Lage, den Alltag zu bewältigen. Ein phasenhafter Verlauf ist möglich, das heißt, es können immer wieder depressive Phasen auftreten, aber auch Phasen ohne Symptome dazwischen.
Bipolare störungBei der bipolaren Störung, der manisch-depressiven Erkrankung, durchläuft der Betroffene beide Phasen, also manische und depressive Zustände. Die manischen Phasen erlebt der Betroffene als Hochgefühl und nicht als Leiden. Dennoch sind vor allem die Angehörigen betroffen: Wenn Menschen manisch sind, verlieren sie die Kontrolle über ihr Handeln und vor allem die Fähigkeit, die Konsequenzen ihres Handelns zu erkennen. Häufig kommt es zu Fehlentscheidungen und gefährlichen Situationen, und auch finanzielle Risiken werden mit negativen Folgen eingegangen.
ZyklothymieVon einer zyklothymen Störung spricht man, wenn Patienten über Stimmungsschwankungen ohne einen nachvollziehbaren Zusammenhang mit entsprechenden Lebensereignissen klagen. Diese Stimmungsschwankungen sind vergleichbar mit den Polen einer bipolaren Störung, aber weder in Hochstimmung noch in depressiven Ausbrüchen mit einer Manie oder Major Depressive Episode gleichzusetzen. Oft bleiben Patienten mit zyklothymer Störung unerkannt und oder unbehandelt, weil sie nicht so stark leiden.
DysthymieDysthymie bedeutet eine krankhafte Neigung zu traurigen Stimmungen. Sie ist nicht so schwerwiegend wie eine depressive Episode, hält aber länger an. Gemäß der Diagnose dauert sie mindestens 2 Jahre.
Reaktive DepressionEine Anpassungsstörung oder reaktive Depression entwickelt sich als direkte Reaktion auf ein belastendes Lebensereignis. Die auslösende Situation wird als Verlust, Trennung oder Beleidigung erlebt. Diese Depression kann nach einigen Wochen vorbei sein, aber auch längere Verläufe und Übergänge in andere Formen der Depression sind möglich.

Übung

Positive Aktivitäten oder Aktivitäten, die Sie früher gerne gemacht haben, können Ihnen helfen, sich zu motivieren und wieder aktiver zu werden. Für eine Liste positiver Aktivitäten finden Sie online eine große Auswahl, aus der Sie die für Sie geeigneten Aktivitäten auswählen und  sich inspirieren lassen können, neue Dinge auszuprobieren.

Ein Tagesplan hilft Ihnen, Ihren Alltag wieder zu strukturieren und zu bewältigen und gibt Ihnen Motivation, falls Sie sich in einer depressiven Stimmung befinden.

  • Tragen Sie zunächst die geplanten Aktivitäten ein (Frühstück, Arbeitsbeginn, Mittagessen/Mahlzeit, Arbeitsende und Abendessen).
  • Füllen Sie den Tagesplan mit möglichst vielen angenehmen Tätigkeiten (erstellen Sie im Voraus eine Liste mit angenehmen Tätigkeiten).
  • Wenn der Tag viele unangenehme Aufgaben enthält, planen Sie eine angenehme Tätigkeit als Belohnung ein, nachdem jede dieser Aufgaben erledigt wurde.
  • Planen Sie Zeiten zum Ausruhen und genügend Pausen ein.
  • Planen Sie Ihren Tag so, dass er Sie nicht erdrückt. Es ist wichtig, die einzelnen Aufgaben zu konkretisieren. (schreiben Sie z.B. nicht „Telefonieren“, sondern „Telefonat mit Mama“, oder statt Fernsehen am Sonntag: Krimi, 20:15 Uhr.